Page 43 - weihnachtskurier_2021
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Projekts als Folge eines Meinungsumschwungs in der Öffentlichkeit: «Unter der Bevölkerung könnte rasch eine Stimmung gegen einen Kavernenreaktor im Gebiete der Stadt Zürich mobil gemacht werden ... Es scheint mir daher für die ETH sicherer zu sein, wenn wir mit unserem Reaktor Anschluss an den Reaktor der Suisatom in Villigen suchen würden.» (ebd., Schulratsprotokolle 1958, Sitzung Nr. 6 vom 4. Oktober 1958, S. 494). Tatsächlich beschloss der Schulrat noch in derselben Sitzung, Villigen als künftigen Reaktorstandort zu emp- fehlen, womit der Verzicht auf einen nuklearen Wärmelieferanten für das schuleigene Fernheizkraftwerk einherging (ebd., S. 497).
49 Zitiert nach Fischer, Atomfieber, S. 126. Die Aussage stammt aus dem sehenswerten Dokumentarfilm von Alexander Mazzara, Der ato mare Traum – Explosive Pläne der Schweizer Industrie, der am 29. September 2003 erstmals in der Reihe «Spuren der Zeit» im Schweizer Fernsehen SF DRS gesendet wurde und über die Media- thek Play SRF aufgerufen werden kann.
50 Dass die Reaktorkaverne von Lucens undicht blieb, zeigte sich nach der partiellen Kernschmelze vom 21. Januar 1969 (zum Ablauf des Reaktorunfalls siehe Wildi, Traum, S. 249–256; zur mangelhaften Kavernendichtigkeit ebd., S. 252f.).
51 «Mit jedem Schritt betrat man Neuland», so einer der damals Be- teiligten rückblickend (Tempus, Institut, S. 96), – und begründete oftmals eine erfolgreiche berufliche Karriere zwischen Hochschule, Industrie, Bundesverwaltung und Militär. Die engen persönlichen Verflechtungen boten atomkritischen Stimmen immer wieder An- lass, vom «Atomfilz» zu sprechen (Kupper, Sonderfall, S. 93).
52 Sontheim, Erahnen, S. 36f. Als Sohn von Emil Sontheim-Constantin, Direktor von Siemens & Halske in Zürich-Albisrieden (später: Albis- werk Zürich AG; heute Siemens Schweiz AG), absolvierte Rudolf Sontheim-Mülli 1936/37 zunächst eine Schlosserlehre bei BBC in Baden, bevor er sich an der ETH Zürich zum Elektroingenieur aus- bilden liess (1937–1942) und 1946 an der Ecole polytéchnique à l’Université de Lausanne promovierte. Von 1946 bis 1950 arbeitete er in den USA als Entwicklungsingenieur bei General Electric und be- suchte Einführungskurse in Kernphysik am Massachusetts Institute of Technology (MIT). 1950 Rückkehr in die Schweiz, 1955 wurde er auf Betreiben Walter Boveris zum Direktor der eben gegründeten Reaktor AG gewählt. Nach deren Transformation zum EIR 1960 berief ihn Boveri ins Management der BBC. In Uitikon wohnte die Familie Sontheim-Mülli ab ca. 1958 nur wenige Jahre.
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