Page 34 - weihnachtskurier_2021
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Ingenieure mit so vielen ungelösten Problemen, dass Sicherheitsaspekte keine prioritäre Beachtung fanden (vgl. auch das Schema auf S. 21). Anknüpfend an die Schutznormen im Umgang mit Röntgenstrahlen war beispielsweise BBC-Stipendiat Werner Zünti der Mei- nung, mittels Fernsteuerung, genügend dicker Schutz- wände und allenfalls unterirdischer Bauweise den sicheren Normalbetrieb eines «Atomofens» gewähr- leisten zu können. In Frage stand der Katastrophenfall:
«Der Aufstellungsort einer Uranofenanlage wird wohl bestimmt durch die nie absolut auszuschlies sende Möglichkeit des Durchbrennens infolge Ver sagen der Steuerung. Die Gefahr liegt weniger in der Explosionswirkung als in der Bildung von Wolken radioaktiven Materials, die grössere Ge biete zeitweilig unbewohnbar machen können. Wenn sie vor ausreichender Zerstreuung dicht be siedelte Gegenden bestreichen, so treten Katastro phen grössten Ausmasses auf ...»45
Züntis Bericht über die «wirtschaftliche Anwendung des Uranofens», datiert vom November 1946, blieb un- veröffentlicht. Die Gefahren des radioaktiven Nieder- schlags, die Zünti darin angesprochen hatte, rückten erst mit der Zunahme von Atomwaffentests ab 1955 und der sich daran entzündenden Kritik ins öffentliche Be- wusstsein.46 So war es nicht zuletzt die warnende Stimme des Friedensnobelpreisträgers Albert Schweit- zer, dessen 1957/58 weltweit über Radio verbreitete Ap- pelle sich gegen atomare Aufrüstung und Atomwaffen- tests richteten,47 die den Schulrat veranlasste, vom geplanten Standort des Atomreaktors im ETH-Fern- heizkraftwerk abzurücken und das Projekt unter völlig neuen Vorzeichen im aargauischen Villigen anzu- siedeln.48 Nur in einem Punkt blieben sich die Pläne gleich: Der Reaktor sollte in eine unterirdische Kaverne zu stehen kommen.
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