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sogenannte Tensator, ein Gleichstromhochspannungs- erzeuger, kam danach ins Physikinstitut zu stehen und diente dort Scherrers Doktoranden zu Forschungszwe- cken. Auch das Nachfolgeprojekt Zyklotron wurde zu grossen Teilen über Spenden finanziert, die Scherrer dank seiner Popularität als Wissensvermittler generie- ren konnte. Firmen wie BBC, Sulzer und die Maschi- nenfabrik Oerlikon beteiligten sich am Bau der Gross- anlage, für die wegen des Strahlenschutzes ein eigenes Gebäude erstellt werden musste. Hochschule und Un- ternehmen profitierten wechselseitig vom Wissens- zuwachs, der sich jeweils mit der erfolgreichen Über- windung zahlreicher material- und apparatetechnischer Probleme einstellte.15 Der Zyklotron-Beschleuniger wurde 1944 in Betrieb gesetzt. Der enge und freund- schaftliche Kontakt zwischen Paul Scherrer und Walter Boveri, seit 1938 BBC-Verwaltungsratspräsident, soll auf jene Tage zurückgehen.
Weitherum Aufsehen erregte im Jahr darauf Paul Scher- rers Beitrag in der NZZ vom 28. November 1945, worin er unter dem Titel «Atomenergie: Die physikalischen und technischen Grundlagen» erstmals im deutsch- sprachigen Raum einer breiten Öffentlichkeit die Funktionsweise eines Atomreaktors darlegte. Wohl war seit den Bombenabwürfen über Hiroshima und Nagasaki vom 6. und 9. August 1945 in der Schweizer Tagespresse viel über «Wunder und Wahnsinn»16 der neuen Energiequelle debattiert worden, doch selbst die Wortmeldungen der beigezogenen Experten beruhten auf einem Wissensstand von vor 1939.17 Die enormen Anstrengungen, die in den USA während des Zweiten Weltkrieges zur militärischen Nutzbarmachung der Kernspaltung (Manhattan Project) unternommen wor- den waren, unterlagen strikter Geheimhaltung und auch der Smyth Report, von der US-Regierung wenige Tage nach den Bombenabwürfen veröffentlicht, war sehr allgemein gehalten.18 Paul Scherrer, der sich im Spätsommer 1945 in den USA aufgehalten hatte, brachte
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