Page 25 - weihnachtskurier_2021
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                liche Aufgabe»28 aufs Tapet. Angesichts der weiterhin klaffenden Wissenslücken war es zu einem Strategie- wechsel gekommen: Im Auftrag der SKA hatte die Stu- diengruppe ab Mitte 1952 die Projektierung eines Mate- rialprüfungs- oder Experimentalreaktors anstelle eines stromproduzierenden Leistungskraftwerks an die Hand genommen.29 Die Planungsarbeiten konnten im April 1953 abgeschlossen werden; erstmals, so Historiker Wildi, lag damit ein vollständig ausgearbeitetes Projekt für einen Kernreaktor – der spätere Diorit – vor. Kon- krete Standortvorschläge für diesen Versuchsreaktor, von dem man sich Aufschluss über die zahlreichen ma- terialtechnischen Probleme erhoffte, kamen jedoch erst Ende April 1954 zur Sprache:
«Es wird noch etwas über die Eignung von vier vorgeschlagenen Reaktor­Standorten diskutiert. In Frage kommen bis jetzt folgende Gegenden: Maschwanden, Reussknie bei Künten, Aareufer oberhalb des Kraftwerkes Beznau, Thurufer in der Gegend von Thalheim­Altikon.»30
Weitab von Üetliberg und Lägern zog man nun ein Ufergelände in Betracht, sei es an Reuss, Aare oder Thur. Entdeckt und als Bauplatz für geeignet befunden hatten diese Flächen die beiden ehemaligen BBC- Stipendiaten Werner Zünti und Walter Hälg, und zwar auf «Streifzügen in der nahen und weiteren Umgebung von Zürich», wie im jährlichen Rechenschaftsbericht der Studiengruppe zu lesen ist.31 Die Wahl fiel schliess- lich auf ein Gebiet bei Beznau (Gemeinde Würenlin- gen), das Walter Boveri günstig erwerben konnte. Hier erstellte die von Boveri initiierte und 1955 gegründete Reaktor AG ein privates Forschungszentrum, das den daran beteiligten Industriefirmen erste Erfahrungen in Bau und Betrieb einer atomaren Anlage ermöglichte. Denn noch bevor die Bauarbeiten für den Testreaktor Diorit ihren Anfang nahmen, war es Paul Scherrer und Walter Boveri mit Hilfe des Bundes gelungen, den von
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