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                 Atome für den Frieden
Die strengen Geheimhaltungsvorschriften der US-Regierung konnten das atomare Wettrüsten im beginnenden Kalten Krieg nicht verhindern: 1949 zündete die Sowjetunion ihre erste Atombombe, 1952 Grossbritannien. Tests mit der weiterentwickelten Wasserstoffbombe (Kernfusion) erfolgten seitens den USA 1952, durch die Sowjetunion bereits im Jahr darauf. Ka- nada, Grossbritannien und Frankreich hatten grosse Forschungsprojekte aufgegleist, um die zivile Verwertung der Atomenergie namentlich für die Stromproduktion voranzutreiben. Mit seiner Initiative «Atoms for peace» vollzog daher US-Präsident Eisenhower Ende 1953 einen Strategiewechsel: Auf Basis bilateraler Abkommen und Kontrollmechanismen zur Verhinde- rung der Weitergabe an unbefugte Drittländer wurde der Austausch von know how und spaltbarem Material zur zivilen Nutzung ermöglicht. Vom 8. bis 20. August 1955 fand, von der UNO im Genfer Palais des Nations veranstaltet, die erste internationale Konferenz «Atoms for Peace» statt, mit über 70 teilnehmenden Ländern, rund 1’500 Delegierten und freiem Zutritt für die Öffentlichkeit.
Zu insgesamt 15 Themenbereichen waren über tausend Beiträge eingereicht worden (16 aus der Schweiz, die mit einer 41 Personen umfassenden Dele- gation vertreten war), darunter mehrere Berichte über geplante oder bereits betriebene Testreaktoren. Infolge der unterbrochenen Wissenszirkulation war die Typenvielfalt gross, die wichtigsten Komponenten in der Reaktor- technologie – Brennstoff, Moderator, Kühlmittel – wurden in allen denk- baren Variationen kombiniert, noch war völlig offen, welches Reaktorkon- zept sich kommerziell durchsetzen würde. Es zeigte sich, dass die von der Studiengruppe Kernenergie erarbeiteten Reaktorpläne bereits technisch überholt waren. Die Schweizer Eigenentwicklung im Reaktorbau namens Diorit sollte erst im Sommer 1960 betriebsbereit sein.
Hauptattraktion der Konferenz war der von den USA eingeflogene kleine Versuchsreaktor, der bei voller Betriebsleistung das Wasser im Kühlbecken bläulich schimmern liess (Tscherenko-Strahlung). Frühzeitig hatte Profes- sor Scherrer erkannt, dass eine Rückführung des kontaminierten Reaktors in die USA schwerlich möglich war und daher dessen Ankauf durch die Eidgenossenschaft angeregt. Unter dem Namen Saphir konnte der swim­ ming pool­Reaktor ab 1957 auf dem Gelände der Reaktor AG in Würenlin- gen wieder in Betrieb genommen werden (Abschaltung Ende 1993).
Literatur: Pictet, Konferenz; Wildi, Traum, S. 58ff.
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